Nachdem ich seit Anfang Januar nur noch für meine letzte Klausur gelernt, und zum Ende April die Nachricht bekommen hatte, diese Prüfung bestanden zu haben, konnte ich endlich meinen dreiwöchigen Urlaub mit meinem Kumpel Holger und unseren Maschinen, seiner XT 600 Z Tenere Bj. 90 und meiner 96er Honda Dominator, in Angriff nehmen.
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Am Freitag Morgen ging es mit vollgepackten Huddeln auf die Reise. Drei Wochen sollten uns genügend Zeit geben, sowohl dem Wetter, als auch den schlechteren Plätzen auf dieser Tour aus dem Weg zu gehen. Wir hatten beide für Spanien neue Hinterreifen mitgenommen,
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die wir an der Grenze nach Spanien wechseln wollten. Mein Metzeler Enduro 4 war schon in fortgeschrittenem Alter, und so nahm ich an, daß das Profil in den bis dahin gefahrenen 1000 Kilometern wohl endgültig am Ende sein würde. Mit meinen RMS-Alukisten war die Domi mal wieder ausufernd breit, ca 1,05 Meter, dazu noch 5 Liter Blechkanister an der rechten Fußraste, BW-Tasche mit Kettenspray, Öl und Reifenrepair-Spray an der linken Fußraste. Auf dem Heck dann noch Klappstuhl mit Reifen, und dem Zelt mit Tarp, Isomatten und Luftmatraze (die aus dem Baumarkt für 9 Mark).
Ganz zu Beginn wollten wir Kilometer machen, daher fuhren wir auf der A5 von Richtung Heidelberg nach Freiburg über die Grenze nach Mulhouse. Von hier an fuhren wir, da -wir Zeit hatten und keine Autoroutegebühren bezahlen wollten auf Route Nationales, bzw. kleineren Nebenstraßen und schafften am ersten Tag tatsächlich problemlose 700 Kilometer bis wir bei Lyon einen sehr schönen und sehr ruhigen Campingplatz in Bessenay fanden. Bis hierhin hatten wir gutes Wetter, und ich ging davon aus, das wir dem spanischen Tief irgendwie aus dem Weg gehen konnten.
In den Bereich Lyon kamen wir natürlich zu einer sehr ungünstigen Zeit. Freitags abends zum Feierabend waren dort Zustände wie am Kamener Kreuz oder auf der Autobahn München Salzburg. Die Franzosen fuhren so nah auf und tendierten dazu eine Meterbreite Maschine für einen Fuffziger Roller zu halten und zu überholen. Es war auch nicht gerade leicht, die breite Huddel mit dem Reifen und dem ganzen Gerödel hintendrauf bei Schrittgeschwindigkeit durch einen Stau zu manövrieren, bzw. aus Versehen nach Lyon reinzufahren und sich in die Autoschlangen, die in jedgliche Richtungen fuhren, reinzustellen. Grauenhaft. Wir versuchten es einige Male hauptsächlich Raus aus dem Lyon Centre Ville zu kommen und nach einem Nachtanken am Rande der Stadt, sah ich auf der Karte eben ein Campingplatzsymbol im besagten Bessenay. Komischerweise gab es zuvor auf unserer Tour dutzende Campingmöglichkeiten, aber gerade hier, wo wir nur möglichst nicht in die Stadt und möglichst schnell auf einen schönen Platz kommen wollten, sahen wir keinerlei Beschilderung, die uns dort hinführen würde. Aber zum Glück hatte ich ja diese Karte.
Lyon erscheint, von der Anhöhe, von der wir am Rande entlangfahren, wie ein riesiger Moloch. Irgendwie muß ich an Asterix und Obelix und den Comiczeichnungen von Lutetia denken, als ich die römisch wirkenden Gebäude und die Hochhäuser am Horizont im Tal liegend sehe. Nach dem Tanken gehts einmal über die Rhone, dann wieder auf einer anderen Brücke zurück, dann doch wieder raus. Mein nechgerüsteter Acerbis Tank nimmt die Hitze nicht mehr so leicht und beginnt zu siffen. Erst später entdecke ich, wie man den Tankdeckel wirklich dicht bekommt, hätte ich mir besser vorher mal genauer angeschaut. Nun schwitze ich also nicht nur, sondern stinke auch noch nach Sprit.
Da mein Handy bereits ein stattliches Alter von fast zwei Jahren erreicht hatte, und ich nicht genau wissen konnte, wie lange ich keine Möglichkeit zum Nachladen haben würde, ging ich besonders sparsam mit dem Akku um. Auf dem Campingplatz bei Bessenay -gab es bei unserer Ankunft gegen 19.00 Uhr niemanden an der Rezeption. Ich versuchte mit nicht vorhandenen Französischkenntnissen einen Eingeborenen zu fragen, ob und wo wir unsere Zelte aufschlagen könnten. Später konnte ich mit Hilfe meines Französischen-Wörterbuches noch genau herausbekommen, daß es den Campingbewohnern wurscht war, wo wir uns niederliessen, und ob wir was zu bezahlen hätten. Also schön, wir fanden direkt neben dem Eingang einen sehr schönen Platz unter Bäumen auf sehr frischem, weichen Gras und stellten dort alles auf. Die Moppeds standen auf einem kleinen rotem-Sand-Platz direkt am Rande der Zelte und so begannen wir unseren Urlaub so richtig zu geniessen. Etwas Wasser wurde gekocht, um damit einen abendlichen Instantkaffee zuzubereiten und schnell saßen wir auf den 9 Mark-Bauhaus-Klapphockern und schauten uns die Sterne an und laberten über alles mögliche. Kaum zu glauben, daß wir für diese Tour drei ganze Wochen Zeit haben würden. Unglaublich! Die längste Motorradtour war eine Woche lang gewesen, nach Usedom, und dort hatten wir uns eigentlich drei Tage mehr oder weniger fast gelangweilt.
Normalerweise ist um diese Jahreszeit das Wetter in Südfrankreich besser. Da steckt man nicht drin. Währenddessen unsere Angehörigen zuhause schwitzen, scheint sich die Schlechtwetterfront hier im Süden festgesetzt zu haben. Aber noch geht es, noch ist es trocken. In den drei geplanten Wochen, sollte es doch Möglichkeiten genug geben, entweder gutes Wetter zu haben, oder dem guten Wetter entgegenzufahren. Es ist ja erst am Anfang.
Gegen sieben Uhr morgens stehe ich auf und verlasse mein Zelt. Ungewohnt mal wieder eine Nacht im Schlafsack. Ich glaube, irgendwas mache ich falsch, denn im Schlafsack schwitze ich, so daß ich nur sehr schlecht schlafen kann und wenn ich den Schlafsack öffne, fängt man an vor Kälte zu schlottern. Hmm, das ist ein echtes Problem, aber vielleicht gewöhne ich mich ja noch daran. Ist ja noch Zeit.
Ich wecke Holger, denn er soll mir helfen, daß Tarp für den aufkommenden Regen aufzubauen. So kann man wenigstens unterhalb des Tarpes trocken frühstücken und seine Sachen packen. Es regnet sich ein, und es dauert bis Mittags, als wir endlich unsere nun nassen Sachen alle wieder verstaut haben. Alles kein Problem, jetzt ham wir Urlaub, also ganz gemütlich weiter in Richtung Spanien. Durch unsere spätere Abfahrt und vielen Bergsträßchen kommen wir an diesem, zweiten Tag nur 300 Kilometer weiter. Mittlerweile sieht der Himmel überall nicht mehr so gut aus, aber wir sagen uns abwechselnd dahinten wirds heller und hoffen, daß dies auch Trockenheit und Sonne beinhaltet. Durch das dem Wetter ausdemwegfahren kommen wir nicht unbedingt in direkter südlicher Richtung weiter, sondern Zick-Zacken immer hin und her. Aber: 300 km an einem Tag ist auch nicht wenig. Wenn es so weitergeht, haben wir Spanien in spätestens zwei Tagen erreicht.
Die Fahrt am zweiten Tag geht über St. Etienne, Valence, Montelimar. Im Höllenverkehr von Montelimar spreche ich gegen spätnachmittag einen Freiburger Z3-Fahrer an, wie man nach Narbonne, bzw. Perpignan kommen könnte. Seit St. Etienne habe ich keine Karten mehr über diese Gegend. Wir fahren über Aubenas in die Berge, die Ardeche, einer sehr schönen Gegend, und nachdem ich bei Villeneuve-de-Berg eine Karte gekauft und getankt habe, beschliessen wir am örtlichen Campingplatz zu rasten.
Die holländischen Besitzer haben hier einen Platz in einen ehemaligen Steinbruch terassenförmig eingebaut. Man hat eine sehr schöne meilenweite Aussicht und teilt sich den Platz meistens mit holländischen Touristen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, was man hier mit einem Anhänger über mehrere Tage machen kann, ich stelle mir das sehr langweilig vor.
Diesmal bauen wir sofort das Tarp auf, um späteren möglichen Regen vorzubauen. -Diesmal bleibt es nicht nur trocken, sondern das Wetter wird richtig gut und warm. Holger meistert irgendwie eine Mischung aus Würstchen mit Reis in dunkler Soße, schmeckt gar nicht mal übel und diesmal bin ich mit spülen dran.
Am nächsten Morgen gehts mit trockenen Klamotten weiter. Um 11.00 befinden wir uns bereits wieder auf der Straße und auch wenn am Horizont in unserer Richtung schlechtes Wetter zu sein scheint, heute ist das Formel Eins-Rennen in Barcelona und da regnet es nicht, also könnten wirs bis ins trockene schaffen. Nun sind es noch etwa 100-200 Kilometer bis zur spanischen Grenze, fast drei ganze Wochen Urlaub liegen vor uns, alles ist trocken, die Maschinen laufen, es geht ruckzuck, wir ziehen in einem zügigen Tempo durch die südfranzösichen Täler und Ortschaften, durchziehen die obligatorischen Kreisverkehre und ich freue mich schon auf den neuen Campingplatz, den wir heute abend erreichen werden.
Wo wird das wohl sein? Wird es schon in Spanien sein?
Wir müssen Acht geben, denn heute ist Sonntag, und nicht jede Tankstelle ist mit einer Visakarte zu benutzen. Aber meine Tankreichweite von über 300 Kilometer macht einen guten Tagesschnitt mit nur einer Füllung gut möglich. Holger bleibt meistens etwas zurück, seine Tenere zieht nicht so gut wie meine Dominator, und ich schnalze geradezu durch die Kurven und Asphaltbänder, daß es eine reine Freude ist. Zwar holt Holgi in den Kurven fast immer etwas auf, weil ich so vollgepackt ein rechter Schisser bin, dennoch fahre ich so vor ihm her und bin ganz in Gedanken. Der Motor geht wie bei einer Nähmaschine, summt und vibriert sähmig wie Sahne vor sich hin, ich blicke in den Himmel und versuche auszumachen, wo das schlechte Wetter herkommt. An einer Kreuzung in Richtung Ales passiert dann etwas:
Auf einmal ist Holger hinter mir weg...
Scheiße!
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Ich halte sofort an, denn so weit war er noch nie hinter mir gefahren, daß ich ihn aus den Augen verloren hätte. Da stimmt was nicht! Also drehe ich und fahre zurück. Kurz vorher bin ich wieder durch solch einen Verkehrskreisel gefahren, vielleicht hat es ihn aus der Kurve geschmissen. Um Himmels Willen, hoffentlich ist alles in Ordnung!
Ich komme zurück an eine Bushaltestelle als ich sehe wie er gerade seine Tenere ans kleine Wartehäuschen schiebt.
Er drückt den Anlasser. Der Motor dreht nicht durch. Er erzählt das der Motor zuvor angefangen hatte zu klappern, doch nach einer kurzen Weile lief er dann wieder rund, also sei er weitergefahren. Durch diese Seltsamkeiten bereits Aufmerksam gemacht, zog er sofort die Kupplung, als der Kolben steckenblieb. Er nahm an, es sei ein Kolbenstecker. Zum Glück ist es bei etwa 50 km/h auf der Geraden passiert, bei wenig Verkehr, denn sonst hätte die Geschichte auch viel übler enden können. Man stelle sich nicht vor, daß wir kurz vorher noch schnelle, langgezogene Bergstraßenkurven entlanggefegt waren. Wäre der Motor da steckengeblieben, darüber möchte ich nicht spekulieren. Das hätte böse enden können.
Heute ist Sonntag. Natürlich passiert sowas immer am Sonntag. Nicht nach einer oder zwei Wochen im sonnigen Spanien, wenn der Urlaub fast rum ist, man sich vielleicht schon auf dem Nachhauseweg befindet, nein am zweiten beschissenen Tag und natürlich auch noch am Sonntag.
Meine Dominator hat im Durchschnitt 6 Liter auf Hundert Kilometer verbraucht, Holgers Tenere deren fünf. Wenn uns mal einer fragt, was die Huddel denn so braucht, so werden wir sagen: 50 Liter Sprit und einen Motor auf 1000 Kilometer!
Sehr schön, daß wir dem Wetter nun nicht mehr wegfahren können, und es uns mit aller Kraft erwischt: es fängt natürlich auch noch an zu regnen. Zu Schütten, besser gesagt.
Auf diesen Schrecken, und die wahrscheinliche Möglichkeit, daß der dreiwöchige Urlaub sehr schnell zu ende sein könnte, rauchen wir erstmal eine und überlegen was sein könnte, und wie wir weiter vorgehen.
Der ADAC in Lyon ist mal wieder schnell angerufen (siehe Mont-Blanc-Tour im Jahr 99) und nach 1,5 Stunden kommt ein Depanneur aus Uzes. -Ich fahre hinter dem Abschleppwagen her und werde, da ich keinen Regenkombi angezogen habe, pitschnaß, als der aufkommende Gewitter-Platzregen mich in die Mangel nimmt.
In der Toyota-Werkstatt des Monsieur Dufetel, so heißt der nette Mensch, legt Holger -die Maschine auf die Seite und glaubt wohl die Steuerkette erkennen zu können. Ein Zeichen dafür, daß vielleicht nur diese Kette gerissen ist, und nicht der Kolben kaputt ist. So oder so kann man aber von mehreren defekten Ventilen ausgehen, und wenn die französischen Werkstätten, im Gegensatz zu den deutschen, es etwas einfacher bei der Reparatur machen, muß man den Motor nicht komplett ausbauen, was viel Geld und Zeit spart. Die Kette hat mittlerweile 50.000 Kilometer runter, viel zu viel, aber es ist auch keiner deutschen Werkstatt bis dahin gelungen, den Stator so abzuziehen, daß man an die Kette rankommt. Also blieb sie drinnen. Und ich ärgere mich, daß ich so blauäugig sein konnte, und drei Wochen auf solch einen Bock riskiere.
Noch schlimmer dran ist Holger, denn der muß es bezahlen und außerdem ist es sein Jahresurlaub, der nun Futsch zu sein scheint.
Also alles ziemlich beschissen.
Über den ADAC haben wir mittlerweile auch erfahren, daß am Montag nach dem Sonntag ein nationaler Feiertag ist.
Sieg über die Deutschen....
Naja, das paßt ja wieder!
Also müssen wir zusehen, daß wir den Sonntag und den Montag irgendwie rumkriegen, bevor das Mopped am Dienstag in die Garage Dubois-Moto, einem großen Yamaha-Händler in Nimes geschleppt werden kann. Dort wird der Meister erst einmal nachschauen, was dran kaputt ist, und wenns ganz dumm läuft erfahren wir erst am Mittwoch, ob der Schaden repariert werden kann. Natürlich versuchen wir diese Methode, denn drei Wochen sind eine längere Zeit. Über den ADAC bekommen wir ein Hotel in Uzes, das Relais Mercure-, ein Hotel, welches zu solchen Hotelketten gehört, die hauptsächlich an Reiserouten stehen. Irgendwie nix zum länger verweilen.
Ich habe noch nie in einem Hotel übernachtet, wenn ich meinen eigenen Urlaub verbracht habe, also habe ich auch keine Erfahrungen mit solchen Dingen. Es stellt sich aber schnell raus, daß dieses Hotel so einige Haken hat.
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Wenigstens gibt es einen abgesperrten Parkplatz, auf dem ich meine Dominator abstellen kann. Und so warten wir bis Dienstag in diesem Hotel und ich langweilige mich, und fühle mich wie im Knast, weil irgendwie auch die Ortschaft Uzes, eine alte Römersiedlung, zwar historisch interessant ist, wir aber keinen Bock auf Kultur haben, und sonst hier außer schlecht durchwachsenem Wetter, nix zu machen ist.
Ich kümmere mich um die notwendigen Dinge an meiner Honda, das beschränkt sich im Allgemeinen auf die Ölkontrolle und die Kettenpflege. Am Montag gehen wir mal in die Ortschaft und trinken einen Cafe, laufen rum, machen ein paar Bilder, das Wetter ist sogar ganz gut.
Nochmals zum Thema Mercure Hotel: die Dame vom ADAC, bzw. der Monsieur Dufetel meinte, es sei das Beste Hotel im Ort. Naja, auf den ersten Blick konnte man dies annehmen, und ich war auch sehr froh, daß wir erst einmal eine trockene Unterkunft bekamen. Spätestens als wir uns entschieden unser Abendessen im Hoteleigenen Restaurant zu uns zu nehmen, bermerkten wir, daß hier hauptsächlich schöner Schein vorhanden war. Die Bedienungen schienen kein besonderes Interesse am zusätzlichen Verkauf von Getränken zu haben, die Tische wackelten, im Trinkwasser war wohl das Chlor, welches im Swimmingpool hätte sein sollen. Der Kaffe kostete 10 Mark, der Salat war ungeschnitten und hatte nicht genügend Zeit gehabt, mit dem Senfdressing ziehen zu können. Das Beuf war außen schwarz verkohlt und innen roh, der Chinakohl fritiert (was ist denn das für eine Beilage?) und überwürzt, der Hühnerspieß hätte auch als Zahnstocher durchgehen können. Das Kronenbourg, angeblich Pilsener, schmeckte wie 6 Monate altes Export. Alles in allem hatte für diesen Scheißfraß jeder von uns 60 Mark bezahlt. Nach dem Essen fragten wir uns, was es denn zu essen gebe?!
Am nächsten Morgen gab es ein ganz gutes Frühstück, und obwohl dies nicht die Hauptsaison war, gab es keinerlei Möglichkeit etwas am Preis für die Unterkunft zu deichseln, wie es bei der Montblanc Tour 99 möglich war. Das ist ein großer Nachteil an Hotelketten, die haben immer die gleichen Preise. Bei einer kleinen Pension oder einem privaten Hotel wäre bestimmt ein günstigeres Unterkommen möglich gewesen. Nun, da der ADAC zumindest für Holger die ersten drei Tage übernahm, machte das uns nicht allzu viel aus, aber es war ärgerlich und wir haben viel dazugelernt.
Der folgende Feiertag war grauenhaft langweilig, ich begann frustriert zu werden, denn nun wären wir sicher schon in Barcelona oder noch weiter unterwegs, und ich hätte schon längst das Mittelmeer gesehen. Darauf habe ich mich monatelang gefreut.
Uzes war antik, römisch und typisch französisch, aber es gab hier- dennoch nicht viel interessantes zu sehen. Als Holger sich an den Pool setzen wollte, kam niemand auf die Idee sowohl die Liegstühle sauber zu wischen, als ihm irgendwann mal etwas zu trinken anzubieten. Den Aschenbecher mußte er sich selber holen und wahrscheinlich steht dieser nun volle Aschenbecher immer noch am Pool in Uzes. Dabei wimmelte es dort von Angestellten. Die Küchenabteilung saß im Allgemeinen den halben Tag neben der Küche und palaverte mit sich selbst, während sie eine Kippe nach der anderen quarzten. Das Frühstück änderte sich über die drei Tage auch nicht, nur wurden die Crossaints immer weniger und immer älter. Am Mittwoch gab es immer noch die Crossaints vom Montag, knochentrocken und bröselig.
Ein echtes Kackhotel!
Ich hatte mich gegen 14 Uhr hingelegt und eine Runde gepennt, und dabei vom Unterwegs-Sein geträumt. Als ich aufwachte, drehte ich mir eine Zigarette um meinen Kreislauf wieder auf Touren zu bekommen, denn jedesmal 10 Mark für eine Tasse Kaffee bezahlen, die einem sowieso den ganzen Tag von niemandem angeboten wurde, war doch zuviel des Guten. Und all dies geschah unter unablässigem Musikgedudel auf draußen aufgehängten Lautsprechern. Das war wirklich ätzend!
Dienstag morgens um 8.30 fuhren wir mit meiner Domi zur Garage von Mr. Dufetel. Dem folgte dann ich allein auf meiner Huddel, während Holgis Tenere und er auf dem Wagen platzgenommen hatten. Nimes um 9 Uhr morgens ist in etwa so, wie man sich Lyon um 17-18.00 Uhr abends vorstellen kann.
Ziemliches Chaos.
Aber das Yamaha Haus -Dubois Motos war nicht schwer zu finden, und so waren wir schnell dort. Einer der Mechaniker konnte gut englisch und so konnte ihm Holger erklären, was er annahm und wir konnten fragen, ob die Franzosen den Motor prinzipiell erst mal rausmontieren, bevor sie ihn sich anschauen. Nein, er würde ihn so aufmachen und schauen was damit los sei. Falls die Steuerkette der Übeltäter war, so würde eine Reparatur ca. 1200 Mark kosten, dabei würden auch die defekten, möglichen Ventile ausgetauscht und so weiter. Das alles sollte wahrscheinlich bis Freitag fertig werden. Naja, immerhin. Jetzt mußte es nur noch wirklich die Steuerkette sein.
-Nachdem wir mit der Domi zum Hotel gefahren waren, stellten wir uns auf einen weiteren Wartetag ein. Das Wetter war mittlerweile durchgehend schlechter geworden. Zwar regnete es nur ab und zu, aber für Südfrankreich war es einfach enttäuschend.
Am Nachmittag rief die Dame vom ADAC an und sagte mir, daß die Werkstatt sich beim ADAC gemeldet hätte. Der Motor sei nicht reparabel, aber sie hätten einen Ersatzmotor mit ca. 25.000 Kilometern für 10.000 Francs.
Also fuhren wir noch einmal zu Dubois Moto, diesmal im Feierabendverkehr. Der Mechaniker erklärte uns was am Tenere Motor defekt war. Ein Sicherungsbolzen für die Schwungmasse hatte sich gelöst und diese Schwungmasse war gegen den Kolbenpleuel gestoßen. Natürlich war der Motor nur noch Schrott. Also gab es nur den Rücktransport, da der Reservemotor zu teuer war.
Frustriert fuhren wir wieder zurück zum Hotel. Der ADAC würde am nächsten Morgen anrufen, wann ein Mietwagen zur Verfügung stände, also war ich um 7 Uhr wach und wartete auf diesen Anruf.
Um 9 Uhr riefen wir beim ADAC an, um uns über den Stand der Dinge zu informieren. Bisher war es noch nicht gelungen einen Vermieter zu finden, der bereit war, einen Wagen für Deutschland auszuliefern. Um 10.00 sagte man uns, daß ein Taxi kommen und uns ins 90 Kilometer entfernte Montpellier bringen würde. Das Taxi kam dann um 10.45 Uhr und ich glaubte nicht daran, daß wir den Wagen noch vor der französischen Mittagspause, die jeden Tag zwischen 12.00-14.00 Uhr gehalten wurde, bekommen würden.
Auf der Fahrt erklärte uns der Fahrer in französisch natürlich, daß er die Paris-Dakar, die Optic 2000 und die Atlas Rallye mit einem Suzuki-Team gefahren sei. Obwohl ich etwa nur 15 Prozent der Geschichte verstanden hatte, war es dennoch spannend zuzuhören.
Und so brachte es dieser Mann fertig uns um 12.05 am Europcar abzuliefern und wir bekamen auch tatsächlich noch das Auto, obwohl schon die Pause begonnen hatte.
Zusammen fuhren wir zurück.
Über Nimes wollten wir noch die Teile an der Tenere mitnehmen, bevor wir bei Monsieur Dufetel unsere Zeltsachen abholen würden und ich mich danach auf meine Domi schwingen würde, und wir zusammen uns auf der Autoroute auf die Heimreise machten. Als wir am Dubois Moto ankamen, sah dieser Riesenladen so aus, als ob er den ganzen Mittwoch geschlossen hätten und da wir beide nicht besonders französische sprechen konnten wir auch keine Öffnungszeiten erkennen. Auf jeden Fall nahm ich dummerweise an, daß der vergangene Feiertag nun dieser Mittwoch sei, und so gingen wir davon aus, daß wir nun noch einen Tag warten müßten. Wir fuhren also ziemlich sauer zu Dufetel und auch hier war der Laden komplett dicht gemacht. Da war doch der Wurm drin. Im Hotel sagte man uns, daß alle Läden offen haben, nur eben viele nicht zwischen 12 und 14 Uhr.
Scheiße!
Mittlerweile war es schon halb drei und ich hatte vom Warten und vom Wetter, welches sich nun in Dauerregen versteift hatte, so die Schnauze voll, daß ich nur noch auf die Bahn wollte und von mir aus auch noch die Nacht durchgefahren wäre.
Also stieg ich im Regekombi mit Lederhosen, Doppeljacke und dicken Handschuhen bei diesem Wetter auf mein Mopped und wir fuhren nach 14.00 Uhr wieder zu Dufetel und nahmen meine Kisten und die Zelte ins Auto mit. Danach würde ich Holger bis zur Autobahnauffahrt bei Remoulins begleiten, wo er mit meiner Karte ausgerüstet nochmal nach Nimes reinfahren würde. Bei Remoulins zeigte ich nochmals die Richtung nach Nimes, und dann trennten sich unsere Wege.
Etwa 100 Meter später fuhr ich auf die Peage-Station zu, wo man sich die Karte für die Autobahngebühr zieht und dann auf die Autobahn auffährt. Es goß mittlerweile in Strömen, aber ich war froh, daß ich endlich auf die Straße kam und vielleicht würde ich die knapp 1000 Kilometer ja durchfahren. Und freute mich total auf zu Hause und hatte die Nase gestrichen voll von diesem unnützen und nervigen Kurztrip.
Als ich die Karte endlich in meiner Jacke untergebracht, und alles mühsam wieder zugemacht hatte, bemerkte ich beim losfahren, wie mein Hinterrad wegschmierte.
Ich hielt sofort rechts an und schaute bei strömendem Regen, während um mich herum die dicken LKW auf und von der Autoroute fuhren, auf meinen Hinterreifen.
Ich hatte einen Platten!
Eine Schraube hatte sich in den Reifen gebohrt. -Irgendwo in dieser Pfütze an der Peage oder vorher muß ich durch diesen Scheiß durchgefahren sein.
Ich war kurz vorm ausflippen!
Ich stieg wieder auf meinen Bock und machte Kehrt. Stellte meine Kiste in einer noch tieferen Pfütze neben der Station ab und war so konfus eine trockene Stelle zum telefonieren zu suchen, daß ich die gegebenen Möglichkeiten gar nicht wahrnahm und mich stattdessen neben die Station in den Regen stellte. Ich schwitzte mittlerweile durch diesen ätzenden Regenkombi und der Regen strömte von oben auf mich ein.
Ich rief wieder den ADAC an. Diesmal sei ich das Problem, und nicht mein Kumpel Holger, bzw. dessen Tenere. Ich sagte der Dame, sie solle bei Dubois Motos in Nimes anrufen, so daß Holger erfahren würde, was mein Problem sei und er mir sowohl meinen neuen Schlauch, als auch meinen neuen Hinterreifen bringen könnte. Holger war natürlich noch nicht dort angekommen, also konnte der ADAC nur eine Nachricht hinterlassen.
Da an der Peage auch Leute sitzen, die dort arbeiten, war bereits ein Depanneur benachrichtigt, und als ich gerade mit dem ADAC fertig telefoniert hatte, sah ich wie mein Bock in Hundert Metern Entfernung in die Pfütze fiel.
Ich schrie voller Wut aus mir heraus und verfluchte diese ganze verschissene Situation, in der ich mich befand und rannte dabei in voller Montur zum Mopped um es wieder aufzuheben. Ich hatte den Lenker abgeschlossen und hatte in der Not vergessen, wo ich den Schlüssel hingepackt hatte. Dort wo ich ihn sonst immer hintue war er nicht, und während ich meine Taschen durchsuchte fiel die Domi zum zweiten Mal um. Ich verfluchte weiterhin ganz Frankreich und das Wetter und während sich die Franzosen in ihren Autos wohl wunderten welcher kreischende Irrwisch dort um sein umfallendes Mopped rumrannte fand ich den Schlüssel, schloß auf, und fuhr die Karre wieder auf die andere Seite der Peage, wo sie vernünftig stehen konnte. Jetzt erst sah ich eine gläserne Überdachung und stellte mich mit meinem nassen Zeug darunter.
-Nachdem nach einigen Minuten zum Glück der Abschleppdienst gekommen war, und ich ihm die Geschichte versuchte zu erklären, fuhren wir gemeinsam mit meiner Huddel auf dem Rücken zu seiner Renault-Werkstatt im -Nachbarort, wo er mir den Reifen ganz einfach flicken würde.
In der Werkstatt rief ich erneut den ADAC an und erklärte, daß nun alles klar sei, und das Holger einfach fahren sollte.
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Um 17.00 kam ich endlich von der Werkstatt weg, fuhr diesmal durch einen sauberen Zugang der Peage und ging kurz danach auf die Autobahn in Richtung Heimat.
Holger erzählte mir später, daß er die Nachricht bekommen hätte und er mich auf meinem Telefon nicht mehr erreicht hätte. Er war erst um 16.30 bei Dubois Motos angekommen und wußte nun auch nicht ob, und wie er mir helfen konnte, da ich nun nicht mehr erreichbar war.
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Auf seinem Weg nach Lyon sei er auf jeden Parkplatz abgefahren um nach mir Ausschau zu halten.
Ich war mittlerweile bei strömendem Regen im ätzendsten Feierabendverkehr und zwischen unzähligen Schwerlastkraftwagen nach Hause unterwegs, mit Wasser in den Stiefeln, Ärger in der Brust und Wut im Bauch. Ich versuchte soweit möglich 120 Stundenkilometer zu fahren und nach dreihundert Kilometern fing meine Tachonadel an zu zittern. Bei Kilometer 450 war die Tachowelle dann kaputt und ich mußte mich an meinem digitalen Fahrradtacho orientieren, den ich zum Glück zuvor montiert hatte. Allerdings war der nicht beleuchtet, so daß die Tankstopps schwierig werden würden.
Als es dämmerte hatte ich die ruhige Autobahn nach Bourg-en-Bresse erreicht, aber nun klatschten mir permanent grüne französische Mücken aufs Visier und da nur noch die LKW´s eine glitschige Diesel-Wassergischt auf meinen Helm sprühten, gab es bei der aufgekommenen Dunkelheit keine Chance mehr den Helm sauber zu bekommen, bzw. überhaupt noch was zu sehen.
Gegen 21.30 hatte ich das Gefühl, daß ich es mit meinem Glück übertrieb, und als ich auch noch anfing von einem warmen Bett zu träumen, da wußte ich, daß es höchste Zeit war ein Hotel zu suchen.
Gegen 23.00 legte ich mich in Dole in einem Ibis-Hotel schlafen und ich war froh, daß ich das so getan hatte, und diesmal nicht 1000 Kilometer bei Nacht durchgefahren war, wie damals bei unserer Rückreise von Usedom.
Am nächsten Morgen fuhr ich um 6.45 weiter und nachdem ich endlich die Nebelbänke bis Mulhouse hinter mich gebracht hatte, und ich endlich die deutsche Grenze bei schönstem Wetter erreicht hatte, genehmigte ich mir meine erste kleine Frühstückskippe, bevor ich auf der A5 bis nach Hause weiterfuhr.
PS: dieser Bericht wurde im Rahmen eines Aufrufes des Heftes Motorrad zusammengefaßt und (fast richtig) abgedruckt! Hier der Auszug, den ich mir trotz aller Copyrights mal erlaube ins Netz zu stellen:
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