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Ein kurzer Trip durch Italien und Slowenien.
Kurz nach Ostern im April. Dieses Jahr war Ostern etwas später. Ein Glück. Kurz zuvor waren es noch Minusgrade und es schneite teilweise sogar. Doch gegen Ende April im Jahr 2003 war das Wetter dabei sehr gut zu werden. Wenn auch noch nicht ganz am ersten Tage meiner Abfahrt. Mit meiner neuen Maschine. Honda Varadero 1000.
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Knapp 100PS, knapp 100 Nm, mit Kat und Einspritzung, ohne den ganzen Ferz, den ich an der Domi dranhatte. Ausser dem Hauptständer. Wiegt eh genug das fette Teil. Einmal ist sie mir schon umgefallen. Als mir der Motor unvermittelt ausging, als ich grade im anfahren und maximalem Lenkeinschlag war. Und nicht damit gerechnet hatte. Da gabs nur noch Abrollen. Und dann das kaputte Plastik mit Kaltmetall von innen verschweissen. Man sieht nichts mehr. Aber seitdem lasse ich die Kiste warmlaufen, bis die Wasseranzeige wenigstens einen Balken anzeigt. Nur dann geht sie nicht aus, ohne Choke. Trotz Einspritzung. Also ich hatte sie schon einen Monat, hatte die ersten 1500 Kilometer schon draufgefahren (innerhalb zwei Tagen, kein Problem mit so einem Motorrad, und das nicht über die Autobahn, sondern über Landstrassen);
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Und jetzt hatte ich sie endlich in einer eigenen Garage bei mir am Ort. Darauf hatte ich immerhin zwei Jahre gewartet, seitdem ich hier her gezogen bin. Wie ich das hinbekommen habe würde ich gerne mal verstehen. So ohne Motorrad greifbar. Nicht begreifbar. Nun gut, zusammengefasst stand also eine Reise mit meiner Neuen an. den alten kleinen Tankrucksack überarbeitet, die alte Gepäckrolle gestopft, Rucksack mit Regenkombi drin aufgesetzt und ab.
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Nach Süden. Über die Autobahn. Nett. Langweilig halt, aber immer noch nett, vor allem dann wenn nach drei Stunden kein unbändiger stechender Schmerz mein Sitzfleisch quält. Also nett zum Autobahnfahrn. Irgendwann sind 370 Kilometer rum und die gelbe Tanklampe geht an. Reservehahn gibts nicht mehr. Noch weitere Vierzig Kilometer bis zur Tanke. 20 Liter.
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Das sind fünf auf hundert. Kein schlechter Wert. Aber die Fünfhundert Kilometer die Honda mal irgendwo erwähnt hat, halte ich für sehr hergeholt. Im Vergleich zur alten Vergaserversion oder meiner Domi, die immerhin 6,5 Liter weggesoffen hat (auf der autostrada) aber ein wirklich guter Wert.
Das Wetter ist schlecht um mich rum. Ich kurve in der Gischt rum und die neue Huddel sieht aus wie die Sau, aber noch machts Spass aber in mir nagen bereits Zweifel, als gegen halb vier Uhr nachmittags die Entscheidung fällt, mit dem guten Wetter zu fahren. Mittlerweile haben Wolken auch den Rückweg abgeschnitten, aber ein kleiner blauer Streifen weist mir den Weg. Auf den Brenner. Also auf gehts, Richtung Gardasee.
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Um 17:45 kurve ich ins Eppan Gebiet ab, nachdem ich an der Mautstation in Italien mit Ehrfurcht wieder an die glitschigen Dreck-Ölschichten an der Zahlstation erinnert wurde, die die Tausenden von Kraftfahrzeugen dort ablagern und die von diesen Itakern wohl einfach nie weggereinigt werden. Säcke. Wenn mein 250 Kilo Trumm mal in Schräglage gerät, sollte sie dies tunlichst nur während der Fahrt tun, denn dann gibts kein Halten mehr.
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Vor allem nicht, wenn sich der Stiefel auf glitschigem Öldreck abzustützen versucht. Vom späteren krampfhaften Versuch den gefallenen Bock dann wieder auf der Glitsche aufzuheben, mal ganz abgesehen.
Egal, ich bin im Eppan. Kalterer See, übrigens Nachbarstadt von Heppenheim an der Bergstrasse. Da hab ich meine Honda noch angemeldet. Und da kommen doch Heimatgefühle auf. Eppan bedeutet natürlich auch Rentnerzentrum. Begreife ich sofort, als ich die von der Tourist Info vermittelte Pension Alexandres erreiche.
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Muss grade Geronten-Ausgang sein. Ne ganze Busladung von alten Leuten. Gucken mich alle ganz seltsam an, vor allem die Omis (huch, sie ham ja ne grosse Maschine, und sone Motorrad-Uniform, bin gleich ganz feucht ;-); egal, ich quetsche mein Gepäck in ein 8 Quadratmeter Zimmerchen und drücke am nächsten Morgen 40 Euro plus 20 fürs Abendessen per Visakarte ab. War ja ganz nett, aber länger als nen Tag halte ich das nicht aus.
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Bei der Abfahrt treffe ich eine andere ältere Gruppe von gestern abend. Ah, auch ein Hesse, wo wollnse denn hin? Nachn Gardasee! Ach ja, na, da wollen wir in zwei Tagen auch sein. Nuja, ich will da zum Mittag sein.
Reife Leistung. Wahrscheinlich fahrn die Leutz aber nicht den Mendelpass, der sich im Ort St. Michele aber mir als Weg nach Süden eröffnet. Und ab gehts. Geil Pässe fahren!
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Da kann ich keine grossen Worte verlieren, ich bin sie fast alle gefahren, die BMW GS, die Suzuki V-Strom, die alte Varadero, die neue KTM 950 NICHT (sonst wär ich nochmal 2500 Euro mehr losgeworden) und auch nicht die Ducati Multistrada (gott, sieht die geil aus!!); aber für mich hats die Kombination Langzeit-Qualität Honda, Fahrcharakter Honda V-2 Motor und ausreichenden
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anderen für mich wichtigen Qualitäten (Kat, Verbrauch, Fahrwerk und Bequemlichkeit) ausgemacht. Daher fahr ich jetzt die neue Varadero, obwohl ich mit einem Auge zu der Ducati zwinkere. Probefahren muss ich sie wohl nochmal.
Also Thema Paßfahrn. Neben etwas weniger serpentinierten Strassen (gerne in den Bergen) die zweitschönste Sache, die man mit dem Mopped machen kann. Die beste sind besagte weniger serpentinierte Strassen, wo mans schneller laufen lassen kann. Nun gut, gegen Mittag erreiche ich Riva del Garda und mache mich auf die Suche nach dem Parkplatz in Torbole, wo ich vor gut zehn Jahren, als ich das letzte Mal am Gardasee war (viel zu lange her)
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mit ein paar Kumpels Mountain bike gefahren bin.
Es gibt in noch. Kaum wiederzuerkennen, und nun ein Camping-Platz. 10 Euro am Tag. Wieder ein Zeichen dafür, wie gnadenlos das Leben ist. Nichts wartet auf Dich. Dir bleibt erschreckend wenig Zeit für die restlichen Dinge, die Du noch erleben willst. Kaum Zeit.
Ich fahre an der östlichen Seite am Gardasee entlang und verlasse den See im Süden, wo ich in der Nähe von Verona auf die Autostrada wechsele. Ich habe mich für Venedig entschieden.
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Die nächsten 200 Kilometer blockere ich die italienische Autobahn bis in die Gegend von Padua. Hier verlasse ich die Autobahn (kein Öl diesmal) und tuckere die Riviera di Brenta entlang.
Durch Ortschaften am Fluß immer Richtung Venezia. Um 16.00 Uhr erreiche ich irgendwo bei Venedig und Mestre eine Tourist Info und lasse mir eine Pension vermitteln.
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50 Euro die Nacht ohne Frühstück. In Mestre. Venedig ist noch teurer und bietet keine Möglichkeit, das Mopped irgendwo sicher unterzubringen (glaube ich). Also nehm ich die Pension, lasse mir den Weg zeigen und fahr hin.
In der Via Podgora (übrigens ein Ort in Slowenien, wo ich zwei Tage später dran vorbeifahre, witzig irgendwie) öffnet ein älterer Italiener den elektrischen Gartenzaun und ich tucker aufs Gelände und fühl mich schon sehr sicher.
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Solo italiano sagt er, als ich mit deutsch und englisch komme, er faselt was von tedesco, tedesco und ich begreif überhaupt nix mehr. Erst als später ein Bekannter von ihm zum Whiskey saufen kommt (Wohne in Monfalcone, ach echt? da will ich ja auch noch hin!) begreife ich, daß tedesco deutsch heisst.
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Na siehste. Und irgendwann reichen meine io pagare vino nuovo vollkommen aus um nen neuen Federweisser, fast Prosecco flaschenweise reinzuschütten. Hercules sagt der Italiener auf mich deutend und ich bin so richtig zufrieden, blau wie ich mittlerweile bin. Ich torkel nochmal gegen sieben-acht Uhr nach Mestre rein um noch was zu essen, weil der Alkohol extrem gut reingeht und liege gegen zehn im Bett.
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In einer außergewöhnlich geräumigen Wohnlichkeit in einer gegenüberliegenden Villa mit eigenem Klo und Dusche. Marmorboden, Antiquitäten drumherum.
Eigentlich ganz nett, selbst für den Preis, ist eben bei Venedig. Nur die Stechmücke mitten in der Nacht nervt mich, weckt mich. Ich bin in dem Glauben sie erschlagen zu haben,
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aber entweder hats nicht geklappt, oder es gab einfach mehr als eine, jedenfalls habe ich keine Einstiche oder so, also wars so schlimm wohl nicht.
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Ich entschließe mich, den nächsten Tag komplett durch Venedig zu schlappen. Wenn ich doch schon mal hier bin. Also, am nächsten Morgen mit dem Bus raus und rüber in die Laguna. Wahnsinn.
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Vor lauter Motiven kommt man gar nicht mehr zum knipsen. Also geb ich es irgendwann auf, hab ja auch schon genug geknipst.
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Das Wetter ist der Hammer, Sonne, nicht zu heiss und zwei Schritte neben den Touristen-Ecken, wie dem Piazza di San Marco ist nix mehr los in Venedig und ich vermute da schon den einen oder anderen Mafiosi in der dunklen Ecke zu erblicken. Und verlaufen kann man sich auch in diesem angeblich so Bodenlosen Venedig. Vor allem der Weg zurück, wenn die Ponte, die mich auf dem schnellen Weg zurück
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bringen soll, wegen Bauarbeiten gesperrt ist.
Egal, Venedig ist auf jeden Fall ne Reise wert. Selbst die Pizza kostet mit 6 Euro so viel wie ne tedesco Pizza in Stuttgart. Nur ist die in Venedig nur halb so groß, muss ja keiner wissen. Aufs Geld darf man hier eben nicht achten. Das ist wohl klar. Aber Slowenien kommt ja auch noch.
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Lange Rede, kurzer Sinn, Venedig kommt verdammt gut, selbst solo solo so wie ich. Bunte Bilder, schiefe Gebäude und bei kühlem Wetter keine stinkenden Dreckslöcher. Was willste denn mehr?
Abends wieder zurück in Mestre zuckel ich mir nochmal ne Pulle weissen Vino in mich rein, diesmal ganz Prosecco. Den löhn ich aber auch.
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Am nächsten Morgen versuche ich angestrengt die schwere Huddel rückwärts aus dem Grundstück zu schieben.
Auf der Maschine sitzend. Kaum zu glauben, aber eine kleine, ein Zentimeter hohe Stahlleiste zwingt mich zum absteigen und seitlich rausschieben. Und auch das gelingt mir nur sehr schwer. Mir klopfendem Herzen hocke ich mich wieder drauf
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(nur keinen Respekt zeigen, nutzt die nur aus) und fahre los.
Tschau, grazie, tschau und tschüss.
Ich tuckere am Meer entlang, komme an den Lido di Jesolo, entdecke, daß Freitag der 25. April wohl so eine Art Feiertag ist, denn ich teile meinen Weg mit hunderten Italienern die wohl alle schon das Wochenende am Meer verbringen wollen.
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Und komme nicht dazu anzuhalten und endlich mal was zu essen. Aber die nächste nehm ich, da halt ich an und futter was. Mensch, jetzt ist schon 12 Uhr, jetzt hab ich aber Hunger, also die nächste nehm ich...
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Irgendwann, nachdem ich das Friaul durchquert habe erreiche ich die Berge wieder und fahre von oben kommend nach Triest hinein. Sieht das toll aus. Eigentlich müßte ich mir hier auch ne Pension nehmen. Aber wo kommen wir mit 4 Tagen Zeit denn dann da hin? Muß ich eben später nochmal herfahren. Slowenien reizt mich sowieso immer wieder.
Also an der Grenze setze ich mich endlich an eine Bar draussen hin. Bar, genau, also nix zu fressen.
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Ich kauf mir also nen Capuccino. Na immerhin. Geht hier ja fast als ganze Mahlzeit durch. Kurze Rast, rüber nach Slowenien. Mein Slowenien. Und kaum bin ich drüber, wünsche ich mir, noch zwei Wochen Zeit zu haben.
Sonne, Leere, und meilenweite Strassen, nur für mich. Wenn ich wollte, könnte ich jetzt nach Süden fahren nach Kroatien.
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Aber ich fahre Richtung Nordosten, die gleiche Strecke zurück wie damals auf unserer Kroatien Tour (die mir aber viel länger und anstrengender vorkam. Noch so eine Qualität der Varadero). Fahre über Postojna nach Logatec. Die Gostilna, oder wie die Futterläden hier heissen, in Logatec hat leider zu (was fürn Scheiss, da fährt man tausend Kilometer um ne Spaghetti zu essen und dann hat der Drecksladen zu) also fahr ich gleich weiter.
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Nette Geschichte nebenbei: sehr knapp hinter der Grenze kurve ich hinter nem Trupp von fünf Policia-Motoräder-BMWs hinterher. Teilweise wie die Irren überholend (ich mitten drin) ca. 90 innerorts und 140 ausserorts, flitze ich sicher behütet und außerordentlich zügig durch mein Slowenien, nach Logatec Richtung Ziri, Skofja Loka und Jesenice. Auffallend mal wieder, wie jung die Bevölkerung hier ist. Kaum Menschen über dreissig.
Ich bin schon fast ein Greis. Und die Mädels hier, mann, ungeschminkt und natürlich sehen die trotzdem gut aus. Und glotzen nicht so behämmert aus der miesen Pubertätsfresse, wie die Rotzgören bei uns in tedesco. Sowas baut bei mir altem Sack (früher war ja alles besser) echte Sympathien auf.
Um drei Uhr bin ich also an der österreichischen Grenze und hab keinen Bock mehr jetzt nach dieser Traumtour (alleine durch die Kurven Sloweniens) auch noch bei den griesgrämigen Halsabschneider-Österreichern reinzufahren.
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Also gehts schnurstracks auf die Autobahn. S Pickerl hab ich ja schon. Auch den Zorn, als die mir nach nem fünf Kilometer langen Popeltunnel nochmal 9.50 Euro !! abzwacken. Drecksäcke. Und von wegen Autobahn?! Für was zahl ich Geld, wenn die Simpel ne Beschränkung von 110 Kilometern/Stunde haben und dann auch noch alle zehn Kilometer Baustellen? Bin ja froh das mich keiner bei meinen 180-200 Sachen geblitzt hat, aber in mir kochte es schon wieder. Ich fühl mich bei den Öschis immer irgendwie mißbraucht. Ist einfach nicht mein Land.
Berchtesgaden ist bald erreicht, ich erkenne mein Heimatland daran wieder, dass jeder autofahrende Vollarsch links bleibt, obwohl rechts alles frei ist.
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Schön, da hab wenigstens ich freie Bahn und rausche wenns geht Vollgas heim in Richtung Stuttgart.
Um neun Uhr komme ich an, die Verkleidung starrt vor totem Insekt und Proteinen. Gott ist das ekelhaft. Wie muß ne Kombi aussehen, wenn ich auf ner Nackten 240 Sachen fahre? (Am besten noch mit Jethelm, was)?
Egal, ein paar nasse in Spüli getunkte Handtücher drauf, nach ner Stunde den Rotz runtergewischt (geht mit dem Helm ja auch immer) und ab in die Waschmaschine bei 200 Grad gargekocht. Hm, war wieder mal ne leckere Tour.
Und wo fahr ich morgen hin?
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